Wort

Interview {Substantiv, Neutrum}

Bedeutung

von einem Berichterstatter mit einer Person geführtes Gespräch, in dem diese sich zu gezielten Themen oder die eigene Person betreffenden Fragen äußert; gezielte Befragung (von ausgewählten Personen) zu statistischen Zwecken

Einordnung und Anwendung

Es existieren verschiedene Typen von Interviews. In der Literatur gibt es eine unübersichtliche Anzahl an Benennungen, welche sich entweder an der Form des Interviews (z. B. Tiefeninterview), an der interviewten Person (z. B. Experteninterview), dem Ziel des Interviews (z. B. selbst-konfrontatives Interview) oder vielen weiteren, sich teilweise überlappenden Kategorien orientieren. Für den Zweck der Evaluation bzw. der Datenerhebung ist es zunächst sinnvoll, drei Interviewtypen nach dem Grad der Strukturierung durch das Erhebungsinstrument bzw. durch die interviewte Person und das Forschungsdesign zu unterscheiden.

Typen von Interviews

Typen von Interviews (eigene Darstellung)

Hochgradig strukturierte Interviews zeichnen sich durch fest vorgegebene Fragen in definierter Reihenfolge aus. Diese Fragen sind mit Antwortkategorien versehen, aus denen die Befragten auswählen können. Nur vereinzelt gibt es offene Antwortkategorien. Diese Form des Interviews ist eine standardisierte Umfrage per Fragebogen. Durch den hohen Standardisierungsgrad lässt sich eine sehr große Zahl an Befragungen durchführen (z. B. mit Papierfragebögen per Postversand oder Online-Befragungen über ein spezielles Portal). Dieses Verfahren bietet sich an, wenn bereits klar ist, was genau die Teilnehmenden gefragt und eine große Anzahl an Befragten erreicht werden soll.

Beispiel:
Frage: Wie viele Stunden bringen Sie im Durchschnitt wöchentlich für Ihre ehrenamtliche Tätigkeit auf? Bitte wählen Sie eine der Antwortmöglichkeiten aus.
    Ο unter 1 Stunde
    Ο 1 Stunde bis 3 Stunden
    Ο über 3 Stunden

Auf der anderen Seite steht das offene, narrative Interview. Dieses wird persönlich durch einen Interviewer / eine Interviewerin geführt. Die Fragen sind auf ein Minimum reduziert und werden offen gestellt. Ziel ist es, der interviewten Person möglichst viel Raum zum freien Berichten zu geben und mit weiteren Fragen den Redefluss anzuregen bzw. aufrechtzuerhalten. Dieses Verfahren ist sehr ressourcenintensiv, da die InterviewerInnen geschult und für ihren Zeitaufwand entschädigt werden. Zudem ist es mitunter aufwendig, genügend Personen zu finden, die zu einem Interview bereit sind. Auch Sie erhalten in manchen Fällen eine (non-)monetäre Form der Teilnahmevergütung. Anschließend müssen die geführten Interviews verschriftlicht werden (Transkription), was ebenfalls ein nicht zu unterschätzender Aufwand ist. Narrative Interviews sind dort einzusetzen, wo explizit nach neuen Erkenntnissen gesucht wird und nicht Erwartungen von bisher bestehendem Wissen überprüft werden soll.

Beispiel:
Frage: Würden Sie mir bitte über Ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten erzählen?

Zwischen diesen beiden Formen der Interviewgestaltung befindet sich das Leitfadeninterview. Es wird durch eine Interviewerin/einen Interviewer persönlich und entlang eines Leitfadens mit offenen Fragen geführt. Dieser Leitfaden deckt alle interessierenden Aspekte ab, die im Interview angesprochen werden sollen. Die Fragen sind so gestellt, dass die Person frei antworten kann und damit auch die Möglichkeit erhält, Aspekte zu nennen, welche über die eigentliche Frage hinausgehen. Im Leitfaden sind zudem Hilfestellungen für die interviewende Person (Präzisierungsfragen, Follow-Up-Fragen, Konzepte) gelistet. Leitfadeninterviews können somit bestimmte Aspekte bewusst abfragen, lassen aber gleichzeitig genug Raum, um Neues und Unerwartetes zu erheben. Bei Leitfadeninterviews ist der Ressourcenaufwand höher als bei standardisierten Fragebögen, jedoch niedriger als bei narrativen Interviews. Die Schulung der Interviewer ist einfacher, da es einen Leitfragebogen gibt. Dieser strukturiert das Interview stärker, was die Transkription und anschließende Analyse vereinfacht. Ein Leitfadeninterview wird meist entweder mit einem Experten oder mit einer Person aus der Zielgruppe geführt. So kann zur ehrenamtlichen Tätigkeit z. B. eine Professorin befragt werden, die sich in ihrer Forschung mit der ehrenamtlichen Tätigkeit auseinandersetzt. Oder es wird beispielsweise ein Mitglied des Musikvereins interviewt. Oft wird die Auswahl der Personen breit ausgeführt, da sich die Informationen gut ergänzen und einen umfassenden Einblick in die Motivation und Ausgestaltung der Freiwilligentätigkeit bieten. Zudem werden die individuellen Blickwinkel in einen größeren Kontext gesetzt.

Beispiel:
Frage: Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich im Musikverein?[Follow-Up-Frage: Was gefällt Ihnen an der Vereinsarbeit? Konzept: Motivation für freiwilliges Engagement erfassen.]

Quellen:
Gläser, Jochen; Laudel, Grit (2010): Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Duden Online; www.duden.de, abgerufen am 15.05.2018 (Begriffsdefinition).

Autorinnen: Nadine Meidert & Kerstin Nebel